Rechtliches im Praktikum
Welche Arten von Praktika gibt es? Was musst du beim Praktikumsvertrag beachten und wie steht es um ein Praktikumszeugnis? Hier findet du alles, was du wissen musst.
Arten von Praktika
Ein Praktikum hilft dir, betriebliche Abläufe in einem bestimmten Berufsfeld kennenzulernen. Darum, so sind sich Gesetzgeber und Gerichte einig, gilt ein Praktikum als Teil deiner individuelle Bildung. Das Lernen steht im Vordergrund: Praktikant*innen dürfen nicht für die tägliche Arbeit eingeplant sein, sondern laufen zusätzlich im Betrieb mit!
Dabei gibt es viele verschiedene Arten von Praktika, die auch unterschiedlichen Regelungen unterliegen. Grundsätzlich muss zwischen Pflichtpraktika und freiwilligen Praktika unterschieden werden. Zu den Pflichtpraktika gehören zum Beispiel das Vorpraktikum, das Praxissemester, das Fachpraktikum oder auch einige Schulpraktika. Diese sind in vielen Ausbildungs- und Studiengängen vorgeschrieben. Die Dauer ist meist in der Prüfungsordnung festgelegt.
Freiwillige Praktika sind dagegen nicht vorgeschrieben, so wie ein Auslandspraktikum oder ein Schnupperpraktikum. Sie helfen dir, dich zu orientieren, Zeit bis zum Ausbildungs- oder Studienbeginn oder Berufseinstieg zu überbrücken und auch, um Berufserfahrung zu sammeln.
Schulpraktikum
In quasi allen Schulen gehört ein Praktikum dazu. Meist für einen Zeitraum von ein bis vier Wochen kannst du dabei in einen Beruf deiner Wahl hineinschnuppern. Während dieser Zeit hast du keinen Unterricht, sondern bist im von dir ausgewählten Betrieb tätig. Häufig musst du darüber einen Praktikumsbericht schreiben. Das entscheidet deine Schule – auch, ob der Bericht benotet wird. In jedem Fall machst du dabei wertvolle Erfahrungen für deinen künftigen Berufsweg.
Praxistage
Praxistage sind ähnlich dem Schulpraktikum eine Option, ein Berufsfeld anzutesten. Allerdings verteilen sie sich über das ganze Schuljahr, zum Beispiel mit einem festen Praktikumstag pro Woche. Da diese Praxistage von der Schule vorgeschrieben sind, finden sie auch während der Schulzeit statt.
Vorpraktikum / Anerkennungspraktikum
Einige Studiengänge schreiben ein Praktikum vor, das du vor dem eigentlichen Studium absolvieren musst. Du bekommst in diesem maximal drei Monate dauernden Vorpraktikum einen guten Einblick in dein künftiges Arbeitsfeld. Damit sparst du unter Umständen einige frustrierende Semester, indem du schon vor Studienbeginn feststellst, dass es doch der falsche Beruf für dich ist. Meistens musst du das Vorpraktikum abgeschlossen haben, um dich an der Uni oder Fachhochschule einschreiben zu können. Informiere dich daher möglichst frühzeitig, welche Voraussetzungen in dem von dir favorisierten Studiengang gelten. Übrigens kannst du dir das Vorpraktikum sparen, wenn du im betreffenden Bereich bereits eine Ausbildung absolviert hast.
Fachpraktikum
Das Fachpraktikum ist ein Pflichtpraktikum, das Berufsschulen manchmal vorschreiben. Die Praxisphasen wechseln sich dabei mit den Unterrichtszeiten in der Schule ab – entweder ein bis mehrere Tage pro Woche über das ganze Schuljahr verteilt – oder mehrere Wochen teilweise sogar Monate am Stück. Ein Praktikumsbericht am Ende ist in der Regel Pflicht.
Praxissemester
Ein Praxissemester ist ein fester Bestandteil mancher Studiengänge. Im Unterschied zum Vorpraktikum musst du es aber nicht vor dem Studium, sondern erst nach einigen Semestern absolvieren. Damit kannst du dein theoretisches Wissen mit praktischen Erfahrungen in deinem Fachgebiet ergänzen. Nicht selten schreiben Studierende ihre Bachelorarbeit über ein Projekt, das sie im Rahmen ihres Praxissemesters in einem Unternehmen betreut haben. Es dauert in der Regel fünf bis sechs Monate.
Freiwilliges Praktikum
Im Unterschied zu den beschriebenen Pflichtpraktika sind bei einem freiwilligen Praktikum Tätigkeit und Dauer nicht vorgeschrieben. Du kannst vollkommen frei wählen, wo du gerne ein Praktikum machen würdest. Allerdings musst du dich darum auch selbst kümmern. Stellen für freiwillige Praktika sind selten ausgeschrieben, sodass du selbst bei deinem Wunschbetrieb nachfragen musst. Am besten rufst du direkt dort an. Ein freiwilliges Praktikum kannst du in den Ferien machen oder direkt bevor deine Ausbildung oder dein Studium beginnt. Den Termin musst du mit der Praktikumsstelle selbst vereinbaren. Ob du eine Vergütung dafür bekommst, hängt von der Dauer des Praktikums ab und ggf. musst du die Höhe der Bezahlung ebenfalls selbst aushandeln. Am Ende solltest du dir aber in jedem Fall ein Praktikumszeugnis ausstellen lassen, denn eventuell kannst du dir die gesammelten Erfahrungen bei der anschließenden Ausbildung oder für dein Studium anrechnen lassen.
Praktikumsvertrag
Am Anfang des Praktikums steht immer die Absprache zwischen dir und dem Praktikumsanbieter. Du solltest klar formulieren, was du erwartest und genau nachfragen, ob und wie die Praktikumsstelle deinen Erwartungen entsprechen wird.
Sobald ihr euch einig seid, solltet ihr alle Vereinbarungen schriftlich festhalten. Eine schriftliche Vereinbarung hilft dir im Problemfall die Absprachen zu bezeugen. Vertragsinhalte
Ein Praktikumsvertrag sollte mindestens enthalten:
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Beginn und Dauer des Praktikums
- Ort des Praktikums
- Tätigkeitsbeschreibung
- Höhe und Zusammensetzung der Vergütung
- Arbeitszeiten
- Dauer des Urlaubs
- Kündigungsfristen
-
allgemeinen Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind
Sinnvoll sind zudem Verhaltensempfehlungen für den Krankheitsfall und die Vereinbarung über ein qualifiziertes Praktikumszeugnis am Ende deines Praktikums.
Nutzwert im Blick behalten!
Mach dir immer wieder bewusst: Der Zweck deines Praktikums ist, dass du etwas lernst. Du bist keine billige Arbeitskraft oder leistest unbezahlte Probezeit!
Dein persönlicher Mehrwert und der Zugewinn von fachlichem Wissen sinkt mit steigender Praktikumsdauer. Je länger du in einem Betrieb mitläufst, desto höher ist die Gefahr, dass du fest in den Ablauf integriert wirst und nichts mehr dazulernst.
Falls sich der Betrieb nicht an die Vereinbarungen hält, du keinen Lerneffekt erkennst oder dich ausgenutzt fühlst, solltest du dir überlegen, ob dich dieses Praktikum weiterbringt.
Bespreche am besten vorab deine Erwartungen und Ansprüche mit deinen Praktikums-Betreuenden. Auf der sicheren Seite bist du nach Abschluss eines Praktikumsvertrags, in dem alle Praktikumsziele festgelegt werden.
Im Zweifelsfall bekommst du auch zu diesem Thema Rat und Unterstützung von ver.di oder dem Betriebsrat in deinem Praktikumsbetrieb.
Wenn Gespräche und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber nicht greifen, solltest du dich nicht scheuen, Konsequenzen zu ziehen – ein abgebrochenes Praktikum ist besser als Wochen oder Monate nutzloser Arbeit!
Kündigung deines Praktikums
Wenn dein Praktikum nicht wie gewünscht verläuft, fragst du dich vielleicht, ob du kündigen darfst – oder ob dir gekündigt werden kann.
Auf jeden Fall gilt: Liegt ein wichtiger Grund vor, der es dir oder dem Betrieb unzumutbar macht, das Praktikumsverhältnis fortzuführen, ist eine fristlose Kündigung möglich. Was als wichtiger Grund zulässig ist, weiß deine Gewerkschaft. Im Ernstfall kannst du dich vor Gericht gegen eine Kündigung wehren. Der gewerkschaftliche Rechtsschutz, also die kostenlose Rechtsvertretung von Mitgliedern, gilt auch für alle im Praktikum!
Ordentliche Kündigung
Liegt kein wichtiger Grund vor, kannst du mit vier Wochen Frist zur Monatsmitte oder zum Monatsende ordentlich kündigen.
Aufhebungsvertrag
Sofern du dich mit dem Betrieb bzw. deiner Dienststelle auf eine Kündigung einigen kannst, genügt ein Aufhebungsvertrag. Darin vereinbart ihr schriftlich, dass das Praktikumsverhältnis übereinstimmend vorzeitig beendet wird.
Pflichtpraktikum kündigen
Absolvierst du gerade gemäß der Studienordnung ein Pflichtpraktikum, verhindert eine Kündigung, dass du genügend Praktikumstage ansammelst. In diesem Fall solltest du dich schnell nach einem Ersatzpraktikum umsehen!
Ein von der Agentur für Arbeit vermitteltes Praktikum – sofern es sich bei diesem um eine Pflichtmaßnahme handelt – solltest du nur nach Rücksprache und mit Zustimmung der Agentur für Arbeit abbrechen. Sonst droht dir im schlimmsten Fall eine Leistungskürzung.
Interessenvertretung im Praktikum
Wenn du das Gefühl hast, als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden, solltest du dich wehren. Zunächst ist es sinnvoll, Probleme direkt bei deiner Praktikumsbetreuung anzusprechen. Wenn zum Beispiel der Arbeitsanteil den Lernanteil übersteigt, der gesetzlich vorgeschriebene Urlaub nicht gewährt wird oder falls regelmäßig Überstunden anfallen, solltest du ein klärendes Gespräch mit deinen Vorgesetzten suchen.
Ändert sich die Situation nicht, sind in größeren Unternehmen der Betriebsrat (kurz BR) bzw. Personalrat (kurz PR) oder deine Jugend- und Auszubildendenvertretung (kurz JAV) deine Vertrauenspersonen und Anlaufstellen. Anderenfalls solltest du dich an ver.di, deine zuständige Gewerkschaft wenden.
Praktikumszeugnis
Alle, die ein Praktikum machen, haben Anspruch auf ein Zeugnis oder eine Praktikumsbescheinigung, die mindestens die Lern- und Tätigkeitsschwerpunkte aufführen sowie Beginn und Dauer des Praktikums nennen. Idealerweise enthalten diese auch eine zumindest wohlwollende Bewertung deiner Leistung.
Du kannst auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen, in dem zusätzlich deine Leistung und dein Verhalten im Praktikum bewertet werden. Für spätere Bewerbungen ist dein Praktikumszeugnis ein wichtiger Nachweis darüber, welche Praxiserfahrungen du bereits gemacht hast. Es ist in jedem Fall hilfreich, wenn du die von dir erledigten Tätigkeiten während des Praktikums dokumentierst, um im Zweifelsfall einen Leistungsnachweis zu haben.
Diese Punkte sollte dein Praktikumszeugnis enthalten:
- Überschrift
- Datum des Ausstellungszeitpunktes
- Dein Name und Geburtsdatum
- Praktikumszeitraum
- Tätigkeitsbereich: Hierbei sollten ausschließlich qualifizierte Tätigkeiten deines Praktikums aufgeführt werden und keine alltäglichen, kleineren Hilfsarbeiten wie zum Beispiel „Boden wischen“
- Beurteilung der Kompetenz, wie z. B. soziales Verhalten gegenüber Kolleg*innen, Auffassungsgabe etc.
- Bewertung der Leistungen: Diese ist vergleichbar mit einer Schulnote und somit ein wichtiges Element der Praktikumsbeurteilung
- Zum Abschluss dankt der Arbeitgeber für die geleistete Arbeit und wünscht dir für die Zukunft alles Gute
-
Datum und Unterschrift des Praktikumsgebers
Das Zeugnis sollte zeitnah zum Praktikumsende ausgestellt und persönlich unterschrieben werden. Stellt dir deine Praktikumsstelle kein Zeugnis aus, solltest du es schriftlich beantragen. Du hast ein gesetzliches Recht auf ein einfaches Praktikumszeugnis.
Arbeits- und Praktikumszeugnisse arbeiten in der Regel mit einer eigenen Sprache. Was sie aussagen, lässt sich nicht immer sofort erkennen. So bedeutet zum Beispiel die Formulierung „stets zu unserer Zufriedenheit“ nur eine Note 4, also gerade ausreichend. Wenn du dir nicht sicher bist, was das Zeugnis über dich aussagt, hilft dir ver.di mit der Zeugnisberatung weiter.